Lieber Harry, Dein Zuspruch freut mich sehr.
Dass eine Geschichte wie meine jeden jederzeit treffen kann, dessen bin zumindest ich mir durchaus bewusst, spätestens als ich in meiner Situation unzählige Geschichten von Freunden und Bekannten erzählt bekam, denen irgendwann irgendwie etwas ähnliches passiert ist.
Meine Geschichte ist eine sehr kleine Geschichte gegen all die grauenhaften Dinge, von denen ich in dieser Zeit gehört habe, von schlimmster physischer und psychischer Gewalt, von Zwangsprostitution und Vergewaltigung und Kindesmissbrauch, von Sucht, Betrug und Erpressung...
Du beklagst, dass all diese Realitäten verdrängt werden von den Menschen auf der Sonnenseite...
Weisst Du was ich denke? Es gibt keine Menschen auf der Sonnenseite. Vielleicht, wenn sie noch sehr jung sind, aber irgendwann muss jeder durch sein eigenes tiefes Tal und nimmt seine Narben mit.
Ich finde nicht das geringste Falsche dabei, wenn man dann, in guten Zeiten, diese Abgründe auch wieder ausblendet....Wenn man sich gestattet und ermöglicht, die Sonnenseite vorbehaltlos und frei zu geniessen.
Dem Gesetz der Dualität zufolge gehört beides zum Leben dazu.
Ich musste gerade in Seni´s Fred daran denken, wo es um den Autofahrer ging, der bei überhöhter Geschwindigkeit an den Polizisten gerät....
Manch einer (der noch nie ein Kind verloren hat oder sonst etwas, an dem sein Herz hing) versucht offenbar mit Gewalt (oder überhöhter Geschwindigkeit) in sein tiefes Tal zu kommen....
Glückliche Menschen...
Auszug aus Schillers "Ring des Polykrates":
Das hört der Gastfreund mit Entsetzen.
"Führwahr, ich muß dich glücklich schätzen!
Doch," spricht er, "zittr ich für dein Heil.
Mir grauet vor der Götter Neide;
Des Lebens ungemischte Freude
Ward keinem Irdischen zuteil.
Auch mir ist alles wohl geraten,
Bei allen meinen Herrschertaten
Begleitet mich des Himmels Huld;
Doch hatt ich einen teuren Erben,
Den nahm mit Gott, ich sah ihn sterben,
Dem Glück bezahlt ich meine Schuld.
Drum, willst du dich vor Leid bewahren,
So flehe zu den Unsichtbaren,
Daß sie zum Glück den Schmerz verleihn.
Noch keinen sah ich fröhlich enden,
Auf den mit immer vollen Händen
Die Götter ihre Gaben streun.
SiSi <--- freut sich somit immerhin auf ein fröhliches Ende,

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