Toleranz ohne Strumpfhosen

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Morx

Gast
Ach ja, die Frauen haben es wirklich gut. Sie dürfen sich in Strumpfhose, Rock, High Heels und geschminkt in der Öffentlichkeit bewegen, ohne dass irgendjemand Anstoß daran nimmt. Tolle Sache, wundervoller Anblick, schlimmstenfalls drohen ihnen da mehr oder minder verhohlene Blicke von Männern, die sich beinahe den Hals verrenken, um noch einen letzten Blick auf die bestrumpften Beine zu erhaschen.

Gleiches Recht für alle, auch Männer sollten sich so in der Öffentlichkeit zeigen dürfen. So jedenfalls der oftmals hier geäußerte Wunsch. Ist ja auch nicht viel gegen einzuwenden. Probleme gibt es da allerdings regelmäßig mit der Partnerin (ich beziehe mich hier und im folgenden auf heterogene Lebensgemeinschaften und bitte insofern um Nachsicht). Manche (aber wohl die allerwenigsten) von uns haben eine Lebenspartnerin, die unsere Leidenschaft(en) teilt und schon deswegen eine außerordentliche Toleranz diesbezüglich aufbringen kann. Bei den meisten jedoch scheint dieses Thema (wie viele Beiträge in diesem Forum beweisen) eine die Partnerschaft mitunter existentiell belastende Problematik darzustellen.

Vielfach diskutiert wird dabei die Frage: wie sage ich es ihr? Ebenso vielfach verlangt wird Toleranz, teilweise mit merkwürdigen Argumenten (es ist doch nur ein ganz normales Kleidungsstück). Glücklicherweise scheint es immerhin viele Partnerschaften zu geben, in denen zumindest das Thema Strumpfhosen wenigstens einen akzeptierten Raum findet. Mehr oder minder offen ist es vielen von uns deshalb möglich unsere Leidenschaft auszuleben. Mit Wissen und Tolerierung der Partnerin oder sogar (in den glücklicheren Fällen) mit deren aktiver Mitwirkung.

Verweilen wir aber zunächst kurz bei denjenigen Frauen, die sich mit unserer Leidenschaft für (allgemein gesellschaftlich betrachtet) eindeutig den Damen vorbehaltener Kleidung an Männern ein wenig schwerer tun. Da werden schnell Rufe nach Toleranz laut, sogar Gleichberechtigung wird ins Feld geführt. Was allerdings selten (wenn überhaupt) hinterfragt wird, ist die Position derjenigen Frauen, die sich als „normale“ heterogene Frauen mit einem Mann konfrontiert sehen, der sich freiwillig oder (viel schlimmer) zufällig entdeckt als Träger weiblicher Kleidung entpuppt. Die Folgen solcher „Outings“ lassen sich in zahlreichen Beiträgen nachlesen. Und immer wieder wird Unverständnis geäußert und Toleranz eingefordert.

Deshalb ... drehen wir den Spieß einfach mal um. Stellt euch mal vor, ihr lernt eine tolle Frau kennen, intelligent, hübsch, charmant, verführerisch ... ihr wisst schon, die Traumfrau. Nach einem Monat kündigt sie an, ein ernsthaftes Gespräch mit euch führen zu wollen. Sie druckst eine Weile herum und rückt schließlich mit der Wahrheit heraus. Sie steht total auf Männerklamotten, und zwar das volle Programm. Unterhosen (auch lange, kratzige!), Anzug mit Schlips, Herrenschuhe und alles, was sonst noch dazu gehört. Nun möchte sie nicht nur, dass ihr akzeptiert, dass sie dermaßen gekleidet neben euch auf dem Sofa sitzt und sogar (selbstverständlich mit euch an ihrer Seite) durch die Läden zieht um Nachschub einzukaufen, sie möchte auch, dass ihr euch ebenfalls so kleidet wie sie. Sie möchte sich auch nicht schminken und die Haare ganz kurz tragen. Vielleicht beginnt sie sogar ihre nicht vorhandene Gesichtsbehaarung regelmäßig zu rasieren (was nicht abwegiger wäre als das Tragen von Damenbinden bei Männern). Und das alles sollt ihr möglichst vollkommen normal finden! Kommt mir nun bloß nicht mit dem Argument, dass Frauen ohnehin so rumlaufen (dürfen), im allgemeinen ist es nämlich nicht so.

Wie steht es denn nun mit eurer Toleranz bei solch einer Frau? Gefällt euch das? Wünscht ihr euch eine solche Beziehung? Kann man nicht vielleicht verstehen, warum es manchen Frauen schwerfällt unsere Leidenschaft ohne weiteres zu akzeptieren oder gar zu teilen? Also ich persönlich (obwohl ich mich grundsätzlich für einen sehr toleranten Menschen halte) bräuchte eine gehörige Portion Liebe zu dieser Frau und müsste dann immer noch schwer an dieser bitteren Pille schlucken ...

Gruß
Morx
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Mein lieber Morx, vielen Dank für diesen ausführlichen, liebevoll ausgearbeiteten Text.

Schon lange versuche ich, den Tunnelblick der von Dir angesprochenen Klientel für einen anderen Blickwinkel (meist den der Partnerin) zu öffnen.

Leider ist mir bei all meinen Versuchen, diese Herren zu sensibilisieren, immer wieder eins bewusst gemacht worden:

Eine bestimmte Gruppierung hier MÖCHTE nicht den Fokus ausrichten, sondern, in regelmäßigen Abständen immer wieder aufs neue über die Unbill ihres Daseins jammern.
DAS scheint ihr eigentlicher Lebenszweck zu sein.

Und bei denen, die sich ihrer Besonderheit bewusst sind, rennst Du ohnehin offene Türen ein. ;)


Toleranz fordern ist leicht, dass man dabei aber bei sich selbst anfangen könnte wollen viele nicht wahr haben.



SiSi <--- liebt an kalten Tagen ihre Herren-Ski-Unterwäsche mit rosa Plüschsocken :D
 
auch mir lieber morx gefällt dein beitrag sehr gut.
(morx schreibt keinen murx)

eigentlich ist deinem text nichts mehr hinzuzufügen
ich wünsche mir für mich selbst nie tunnelblind zu werden

danke
p.
 
@Morx

Respekt, wirklich ein ausgezeichneter Text, Hut ab.

Ich denke, es ist immer von Vorteil sich delbst ab und an einen Spiegel vorzuhalten, sonst sieht man nämlich irgendwann nicht mehr das wesentliche.

Und ich kann es sehr gut verstehen, wenn Frauen mit unserer Leidenschaft nichts anfangen können, umso schöner, wenn es Beziehungen gibt, wo es hervorragend zu klappen scheint.

Grade deshalb bin ich auch ein strikter Verfechter dafür, möglichst schnell reinen Wein einzuschenken. So gibt man der Partnerin rechtzeitig die Möglichkeit, einen Rückzieher zu machen.

Und das ist und bleibt für mich ein Gebot der Fairness.

L.G.
Satinlook
 
ich kann mich da nur anschliessen...
die selbe toleranz, die ich erwarte, muß ich auch geben...

und wenn meine süsse im holzfällerhemd mit blauman und arbeitsstiefeln rumlaufen will darf sie das... ob mir das gefällt oder nich...

sie dürfte sogar rosa plüschsocken tragen...
 
Hervorragender Beitrag, Morx! Angesichts von Threads, in denen Frauen das Tragen von Jeans verwehrt werden soll und in denen recht penibel ihre Modesünden aufgelistet werden, ziemlich erfrischend.

Merke: Kniesocken bei Frauen = schwere Verfehlung, selbst unter langen Hosen. FSH bei Männern unter Shorts sollen aber ohne wenn und aber anerkannt werden.

Toleranz ist gut und wichtig. Aber beiderseits!
 
Wirklich einsuper toller Beitrag. Wie du es so schreibst, habe ich das, ja ich gebe es zu, noch nie betrachtet. Natürlich habe ich noch nie aggressiv Toleranz gefordert aber schon oft bemängelt das Frauen in Hosen und Turnschuhen rumlaufen und mir gewünscht das ich in Shorts und Sh unerwegs sein kann.
Ich denke, ich hätte, wie Du geschrieben hast, massive Probleme damit wenn meine Frau in den absoluten Männerklamotten neben mir sitzen würde.
Ich denke, da sind hier noch einige, die dieses Art von Frauen, genau wie wir von einigen Frauen, in eine Schublade schieben, die nicht zutrifft.
Deshalb danke ich Dir für diesen Beitrag, denn er hat auch mir die Augen ein wenig weiter geöffnet.
 
Hallo Morx,
da hast Du wirklich eine ganz tollen Beitrag zum Thema Toleranz geschrieben.
Es ist völlig richtig, daß man nicht nur Toleranz so einfordern darf wie es einem selber gerade in den Kram paßt, sondern daß das genauso auch für andere gilt.

Meine Frau ist glücklicherweise bei weitem nicht so extrem wie es in Deinem Beispiel möglich wäre, aber ich habe es auch zu akzeptieren, wenn sie z. Bsp. lieber Hosen und Socken, als Röcke und Feinstrümpfe trägt.

Dafür weiß sie genau, wie sie mir damit eine Freude machen kann.
Genauso freut sie sich, wenn ich mich betont männlich kleide (Anzug + Krawatte, was ich eigentlich überhaupt nicht leiden kann).

Am Rande bemerkt: Erst durch mein gestiegenes Interesse an weiblichen Kleidungsstücken kann ich nun wesentlich besser nachvollziehen, warum Frau nie genug Schuhe haben kann und im vollen Kleiderschrank nie etwas zum Anziehen zu finden ist.

LG Nylonqueen
 
Kann mich den Vorschreibern nur anschliessen und kann dem nichts dazu setzen.
Toller Vortrag in Sachen Toleranz!:D

Ich für meinen Teil möchte dazu noch schreiben,das es solche Frauen in der Tat gibt.
Kenne Zwei die dieses,auch in der Öffentlichkeit ausleben.:)
Die reaktionen der Mitmenschen ist verschieden,die einen merken es gar nicht und andere tuschlen hinter vorgehaltener Hand.
Für mich persönlich käme eine Frau mit diesen Ambitionen nicht in frage,da ich eben genau auf das gegenteil stehe. Von daher denke ich,würde ich nicht objektiv urteilen können,ob oder wie ich es finden würde,wenn meine Frau sich mir gegenüber so Outen wollte.
LG.Raider;)
 
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