Hallo erst mal......
Heute habe ich in der berliner Tageszeitung „ tagesspiegel“ den hier angehängten Bericht gefunden.... er ging sage und schreib über eine ganze Seite , und ist auf der Internetseite der Zeitung frei abrufbar. Also dürfte es hier beim Einstellen des Berichts keine Probleme geben..... ach ja...der Tagesspiegel hat das gleiche Format wie die „blöd“Zeitung....ist aber eine der besten in Deutschland erscheinenden Zeitungen .........war also ein riesen Bericht...
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Sie war elegant, sie war verrucht, sie war Zahlungsmittel und immer sinnlich. Jetzt steckt sie in der Krise: die Feinstrumpfhose
Von Ulrike Simon
Endlich. Der Sommer ist da. Die Zeit des Frierens ist vorbei. Kaum hat das Thermometer die Zwanzig-Grad-Marke geknackt, lassen Frauen gern auch mal die Hose im Kleiderschrank und entscheiden sich für Kleid oder Rock. Einen ganzen Winter lang waren die Beine unter Stoff verborgen geblieben. Plötzlich sind sie wieder Blickfang. Ein Blick auf die Straßen genügt.
Eine ganze Industrie kümmert sich darum, Damenbeine von ihrer schönsten Seite zu zeigen. So richtig zur Geltung kommen sie erst in Feinstrümpfen – das finden nicht zuletzt Firmen wie Falke, Kunert, Elbeo oder Ergee. 326 Millionen Euro setzten sie im vergangenen Jahr allein mit Damenstrümpfen um. Sie alle leben von dem anscheinend unvergänglichen Mythos, der diesen Hauch aus transparentem Stoff umweht. Es ist diese geheimnisvolle Mischung aus Ästhetik, Weiblichkeit, Erotik und Verruchtheit. Indem der Feinstrumpf das nackte Bein bedeckt, deutet er die Vorstellung des Ausgezogenseins erst an. Nicht umsonst weckt es die männliche Fantasie, wenn eine Frau die Beine übereinander schlägt, sich auf Schenkelhöhe gar ein Strumpfband unter dem Rock hervorwölbt. Zu sehen, was nicht zu sehen sein sollte, weckt Sehnsüchte. Es ist der Reiz des Verbotenen.
Ein Reiz, der im Alltag keinen Platz hat. Die meisten Frauen bevorzugen die einst nur Männern vorbehaltene Hose. Das ist bequem und vor allem praktisch. Nur manchmal, und dann auch meist im Sommer, greifen Frauen zum Rock. Eben dann, wenn die nackten Beine darunter nicht frieren. Das bekommen auch die Herstellerfirmen zu spüren. 1999 betrug der Umsatz nach Angaben der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung noch 550 Millionen Euro, 1993 waren es 852 Millionen. Der Markt schrumpft kontinuierlich.
Doch wer erinnert sich nicht an die Beine der „Lola“ im „Blauen Engel“? In dieser Filmrolle brachte Marlene Dietrich Strümpfe bereits 1930 zu Weltruhm. Allerdings waren diese Strümpfe noch aus kostbarer, wenig elastischer und schnell reißender Seide. Erst 1938 wurde das Perlon erfunden: Paul Schlack hatte dieses Material für die IG Farben in Berlin-Lichtenberg entwickelt. Ein ähnliches Material entwickelte Wallace Hume Carothers bei der Firma DuPont in den USA: Nylon. Der erste Prototyp eines Nylonstrumpfes wurde 1939 auf der Weltausstellung in New York präsentiert. Beide Firmen wollten sich nicht behindern, tauschten ihre Patente aus und teilten sich die Absatzmärkte. In Amerika ging der 16. Mai 1940 dann als „N-Day“, als „Nylon-Day“, in die Geschichte ein: Erstmals wurden an diesem Tag „Nylons“ verkauft. Es kam zu tumultartigen Szenen, die Frauen zogen die frisch erstandenen Strümpfe gleich auf der Straße an. Nach vier Tagen waren vier Millionen Paar Strümpfe verkauft.
Auch in Deutschland lief das Geschäft. Durchschnittlich zwölf Paar Feinstrümpfe pro Jahr verbrauchte jede Frau. Produziert wurde in Sachsen, vor allem in Chemnitz. Dann kam der Krieg – fortan hatte das Perlon an weiblichen Beinen ausgedient. Es wurde als Stoff für Fallschirme und als Reifengewebe gebraucht. Die Frauen trugen jetzt Söckchen im Schuh. Der Wunsch nach damenhaftem Auftreten, unterstrichen durch leicht vergängliche Feinstrümpfe, schlummerte im Verborgenen.
Entsprechend groß war der Bedarf an Feinstrümpfen nach dem Krieg. Doch die Industrie lag brach, alle vier Chemnitzer Herstellerfirmen waren demontiert worden. Nur 3,5 Millionen Paar Strümpfe konnten 1949 in Deutschland hergestellt werden, rund 50 Millionen Paar wurden auf legalem Weg importiert, dazu kamen die, die eingeschmuggelt und auf dem Schwarzmarkt verkauft wurden. Strümpfe waren ein begehrtes Gut. Der Mangel an Rohstoffen und Maschinen verschaffte ihnen den Rang eines Statussymbols, sie verkörperten das Gefühl von Luxus.
Doch der Neuaufbau der Strumpfproduktion verlief schleppend, nicht zuletzt wegen des hohen Stückpreises der benötigten Cottonmaschinen von 150 000 Mark und mehr. Hatte Deutschland vor dem Krieg Cottonmaschinen nach Amerika exportiert, wurden nun von dort gebrauchte importiert. Die Strumpfproduktion konzentrierte sich jetzt im süddeutschen Raum. Cottonmaschinen verarbeiteten das Perlon so, dass die Strümpfe hinten zusammengenäht werden mussten. So entstand der Nahtstrumpf. Erst Ende der 50er Jahre begannen die mit 15 000 Mark im Anschaffungspreis weit günstigeren Rundstühle die alten Cottonmaschinen zu verdrängen. Es begann der Siegeszug der nahtlosen Strümpfe. Wer jetzt noch Nahtstrümpfe trug, galt als altmodisch. Anders heute. Der Hauch von Verruchtheit haftet an ihnen – provoziert die Naht doch, dass Männerblicke an ihr emporgleiten.
Für die Frauen in der Nachkriegszeit entwickelte sich der Feinstrumpf zur beliebten Schwarzmarkt- und Tauschware, vergleichbar mit Zigaretten. Frauen, die von Soldaten mit Feinstrümpfen beschenkt wurden, waren als „Ami-Liebchen“ verschrien. Wer keine Nylons besaß, färbte sich die Beine mit „Farbstrumpf Coloral Sonnenbraun“ oder mit Kaffeesatz und malte sich mit Augenbrauenstift eine „Naht“ auf die Wade. Die verrutschte zwar nicht, dafür verschmierte der Strich.
1951 wurden in Westdeutschland einschließlich West-Berlin dreißig Millionen Paar Strümpfe hergestellt, 1952 waren es 45 und 1955 hundert Millionen, so dass jede Frau im Durchschnitt auf sechs Paar Perlonstrümpfe pro Jahr kam. Es gab Wettbewerbe zur „deutschen Beinkönigin“. Tausende Damenbeine wurden vermessen, Durchschnittswerte ermittelt und Größen festgelegt. Das Idealmaß lautete 21,5 (Fessel) – 24 (Wade) – 46 (Oberschenkel). Die Strumpfherstellung mauserte sich zum wachstumsstarken Industriezweig. Die Preise purzelten. Kosteten Strümpfe 1950 noch fast zehn Mark, gingen sie Mitte der 50er schon für knapp drei Mark über den Tisch, bald kosteten sie noch weniger. Die Preispolitik wurde immer ruinöser. Importe aus Ländern wie Italien und Holland verschärften den Wettbewerb. 1958 meldete in Berlin die erste Feinstrumpffabrik Insolvenz an. In den Fabriken wurde rationalisiert, in den Städten wurden Strumpfautomaten aufgestellt, um Vertriebskosten zu sparen, die Mehrfachpackung kam auf. Indem der Feinstrumpf zur Massen- und damit Wegwerfware wurde, lohnte sich das Repassieren, das Reparieren von Laufmaschen, kaum noch. Waren die Strümpfe lädiert, wurden neue gekauft. Das kurbelte den Absatz an. Zusätzlich wurde er durch das Aufkommen von Modefarben gesteigert. Die ersten Farben hießen „Florida“ oder „Napoli“ – dunkle Brauntöne, die passend zur beginnenden Reiselust der Deutschen für Urlaubsbräune auf den Beinen sorgten. 1960 wurden 265 Millionen Paar Strümpfe hergestellt, davon erstmals mehr nahtlose als Cottonstrümpfe. Deutschland verzeichnete an Damenstrümpfen den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch in der Welt: 17,5 Paar pro Jahr. Die USA, die mit zwölf Paar stets vorn lag, war überflügelt.
weiter mit teil 2
Heute habe ich in der berliner Tageszeitung „ tagesspiegel“ den hier angehängten Bericht gefunden.... er ging sage und schreib über eine ganze Seite , und ist auf der Internetseite der Zeitung frei abrufbar. Also dürfte es hier beim Einstellen des Berichts keine Probleme geben..... ach ja...der Tagesspiegel hat das gleiche Format wie die „blöd“Zeitung....ist aber eine der besten in Deutschland erscheinenden Zeitungen .........war also ein riesen Bericht...
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Sie war elegant, sie war verrucht, sie war Zahlungsmittel und immer sinnlich. Jetzt steckt sie in der Krise: die Feinstrumpfhose
Von Ulrike Simon
Endlich. Der Sommer ist da. Die Zeit des Frierens ist vorbei. Kaum hat das Thermometer die Zwanzig-Grad-Marke geknackt, lassen Frauen gern auch mal die Hose im Kleiderschrank und entscheiden sich für Kleid oder Rock. Einen ganzen Winter lang waren die Beine unter Stoff verborgen geblieben. Plötzlich sind sie wieder Blickfang. Ein Blick auf die Straßen genügt.
Eine ganze Industrie kümmert sich darum, Damenbeine von ihrer schönsten Seite zu zeigen. So richtig zur Geltung kommen sie erst in Feinstrümpfen – das finden nicht zuletzt Firmen wie Falke, Kunert, Elbeo oder Ergee. 326 Millionen Euro setzten sie im vergangenen Jahr allein mit Damenstrümpfen um. Sie alle leben von dem anscheinend unvergänglichen Mythos, der diesen Hauch aus transparentem Stoff umweht. Es ist diese geheimnisvolle Mischung aus Ästhetik, Weiblichkeit, Erotik und Verruchtheit. Indem der Feinstrumpf das nackte Bein bedeckt, deutet er die Vorstellung des Ausgezogenseins erst an. Nicht umsonst weckt es die männliche Fantasie, wenn eine Frau die Beine übereinander schlägt, sich auf Schenkelhöhe gar ein Strumpfband unter dem Rock hervorwölbt. Zu sehen, was nicht zu sehen sein sollte, weckt Sehnsüchte. Es ist der Reiz des Verbotenen.
Ein Reiz, der im Alltag keinen Platz hat. Die meisten Frauen bevorzugen die einst nur Männern vorbehaltene Hose. Das ist bequem und vor allem praktisch. Nur manchmal, und dann auch meist im Sommer, greifen Frauen zum Rock. Eben dann, wenn die nackten Beine darunter nicht frieren. Das bekommen auch die Herstellerfirmen zu spüren. 1999 betrug der Umsatz nach Angaben der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung noch 550 Millionen Euro, 1993 waren es 852 Millionen. Der Markt schrumpft kontinuierlich.
Doch wer erinnert sich nicht an die Beine der „Lola“ im „Blauen Engel“? In dieser Filmrolle brachte Marlene Dietrich Strümpfe bereits 1930 zu Weltruhm. Allerdings waren diese Strümpfe noch aus kostbarer, wenig elastischer und schnell reißender Seide. Erst 1938 wurde das Perlon erfunden: Paul Schlack hatte dieses Material für die IG Farben in Berlin-Lichtenberg entwickelt. Ein ähnliches Material entwickelte Wallace Hume Carothers bei der Firma DuPont in den USA: Nylon. Der erste Prototyp eines Nylonstrumpfes wurde 1939 auf der Weltausstellung in New York präsentiert. Beide Firmen wollten sich nicht behindern, tauschten ihre Patente aus und teilten sich die Absatzmärkte. In Amerika ging der 16. Mai 1940 dann als „N-Day“, als „Nylon-Day“, in die Geschichte ein: Erstmals wurden an diesem Tag „Nylons“ verkauft. Es kam zu tumultartigen Szenen, die Frauen zogen die frisch erstandenen Strümpfe gleich auf der Straße an. Nach vier Tagen waren vier Millionen Paar Strümpfe verkauft.
Auch in Deutschland lief das Geschäft. Durchschnittlich zwölf Paar Feinstrümpfe pro Jahr verbrauchte jede Frau. Produziert wurde in Sachsen, vor allem in Chemnitz. Dann kam der Krieg – fortan hatte das Perlon an weiblichen Beinen ausgedient. Es wurde als Stoff für Fallschirme und als Reifengewebe gebraucht. Die Frauen trugen jetzt Söckchen im Schuh. Der Wunsch nach damenhaftem Auftreten, unterstrichen durch leicht vergängliche Feinstrümpfe, schlummerte im Verborgenen.
Entsprechend groß war der Bedarf an Feinstrümpfen nach dem Krieg. Doch die Industrie lag brach, alle vier Chemnitzer Herstellerfirmen waren demontiert worden. Nur 3,5 Millionen Paar Strümpfe konnten 1949 in Deutschland hergestellt werden, rund 50 Millionen Paar wurden auf legalem Weg importiert, dazu kamen die, die eingeschmuggelt und auf dem Schwarzmarkt verkauft wurden. Strümpfe waren ein begehrtes Gut. Der Mangel an Rohstoffen und Maschinen verschaffte ihnen den Rang eines Statussymbols, sie verkörperten das Gefühl von Luxus.
Doch der Neuaufbau der Strumpfproduktion verlief schleppend, nicht zuletzt wegen des hohen Stückpreises der benötigten Cottonmaschinen von 150 000 Mark und mehr. Hatte Deutschland vor dem Krieg Cottonmaschinen nach Amerika exportiert, wurden nun von dort gebrauchte importiert. Die Strumpfproduktion konzentrierte sich jetzt im süddeutschen Raum. Cottonmaschinen verarbeiteten das Perlon so, dass die Strümpfe hinten zusammengenäht werden mussten. So entstand der Nahtstrumpf. Erst Ende der 50er Jahre begannen die mit 15 000 Mark im Anschaffungspreis weit günstigeren Rundstühle die alten Cottonmaschinen zu verdrängen. Es begann der Siegeszug der nahtlosen Strümpfe. Wer jetzt noch Nahtstrümpfe trug, galt als altmodisch. Anders heute. Der Hauch von Verruchtheit haftet an ihnen – provoziert die Naht doch, dass Männerblicke an ihr emporgleiten.
Für die Frauen in der Nachkriegszeit entwickelte sich der Feinstrumpf zur beliebten Schwarzmarkt- und Tauschware, vergleichbar mit Zigaretten. Frauen, die von Soldaten mit Feinstrümpfen beschenkt wurden, waren als „Ami-Liebchen“ verschrien. Wer keine Nylons besaß, färbte sich die Beine mit „Farbstrumpf Coloral Sonnenbraun“ oder mit Kaffeesatz und malte sich mit Augenbrauenstift eine „Naht“ auf die Wade. Die verrutschte zwar nicht, dafür verschmierte der Strich.
1951 wurden in Westdeutschland einschließlich West-Berlin dreißig Millionen Paar Strümpfe hergestellt, 1952 waren es 45 und 1955 hundert Millionen, so dass jede Frau im Durchschnitt auf sechs Paar Perlonstrümpfe pro Jahr kam. Es gab Wettbewerbe zur „deutschen Beinkönigin“. Tausende Damenbeine wurden vermessen, Durchschnittswerte ermittelt und Größen festgelegt. Das Idealmaß lautete 21,5 (Fessel) – 24 (Wade) – 46 (Oberschenkel). Die Strumpfherstellung mauserte sich zum wachstumsstarken Industriezweig. Die Preise purzelten. Kosteten Strümpfe 1950 noch fast zehn Mark, gingen sie Mitte der 50er schon für knapp drei Mark über den Tisch, bald kosteten sie noch weniger. Die Preispolitik wurde immer ruinöser. Importe aus Ländern wie Italien und Holland verschärften den Wettbewerb. 1958 meldete in Berlin die erste Feinstrumpffabrik Insolvenz an. In den Fabriken wurde rationalisiert, in den Städten wurden Strumpfautomaten aufgestellt, um Vertriebskosten zu sparen, die Mehrfachpackung kam auf. Indem der Feinstrumpf zur Massen- und damit Wegwerfware wurde, lohnte sich das Repassieren, das Reparieren von Laufmaschen, kaum noch. Waren die Strümpfe lädiert, wurden neue gekauft. Das kurbelte den Absatz an. Zusätzlich wurde er durch das Aufkommen von Modefarben gesteigert. Die ersten Farben hießen „Florida“ oder „Napoli“ – dunkle Brauntöne, die passend zur beginnenden Reiselust der Deutschen für Urlaubsbräune auf den Beinen sorgten. 1960 wurden 265 Millionen Paar Strümpfe hergestellt, davon erstmals mehr nahtlose als Cottonstrümpfe. Deutschland verzeichnete an Damenstrümpfen den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch in der Welt: 17,5 Paar pro Jahr. Die USA, die mit zwölf Paar stets vorn lag, war überflügelt.
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