Erstmal ein danke für den guten Ausgangsbeitrag, in dem ich viele eigene Gedanken und Erfahrungen wiederfinde.
Ich hatte diese "Exhibitionismusphase" (entschuldigt bitte den Ausdruck) mit 20 bis 25 während meines Studiums. Damals fuhr ich regelmäßig längere Strecken mit dem Zug und ich nutze diese Gelegenheiten ganz gezielt, um meine Füsse so auf dem Heizungsrost unterm Fenster zu plazieren, dass man gut meine Nylons unter den "unabsichtlich" hochgerutschten Jeans sehen konnte. Natürlich suchte ich mir die Beobachter meiner heimlichen Leidenschaft dabei ganz gezielt aus, was dazu führte, dass ich manchmal auf 150 km Bahnfahrt mehrmals den Sitzplatz wechselte. Rückblickend empfinde ich dieses Verhalten doch als reichlich kurios, aber es war eben Teil meiner Entwicklung. Übrigends ist das, was ich mir erhofft hatte, nämlich angesprochen und in eine Gespräch verwickelt zu werden über den Fetisch leider nie passiert.
Zum Ausgangsbeitrag: Was ist denn eigentlich Öffentlichkeit?
Für mich ist Öffentlichkeit nicht gleich Öffentlichkeit. Für mich gibt es mehrere Öffentlichkeiten.
Da ist einmal meine berufliche Öffentlichkeit. Ich bin im Schuldienst. Wer sich einmal zurück erinnert, wie man als Schüler schon über Lehrer lästerte, die im Sommer Schweißflecken unter den Achseln hatten oder über sonstige "Modesünden" von Lehrkräften, dann kann man sich vorstellen, dass man es sich in dem Job einfach nicht leisten kann, sich als Nylonträger zu outen. Zudem wäre so was ruck-zuck Thema bei Elternabenden. Muss man sich das geben, nur um als Vorkämpfer für Toleranz und Emanzipation zu gelten?
Daneben gibt es die private Öffentlichkeit am Wohnort. Hier ist es wohl eine ganz persönliche Einstellungssache, ob man seine Leidenschaft zeigen will oder nicht. Manche vertreten hier den Standpunkt: Das geht keinen was an. Andere sagen: Mich interessiert nicht, was mein Nachbar denkt. Letzlich muss das doch jeder für sich selbst entscheiden.
Die dritte Öffentlichkeit ist die anonyme Masse, z.B. wenn man sich in einer fremden Stadt bewegt, im Urlaub ist oder auf Geschäftsreise.
Dort hat man die Möglichkeit, Reaktionen zu testen, ohne die eigene Identität preis zu geben. Aber diese Reaktion - oder meist Nicht-Reaktionen haben doch überhaupt keinen representativen Charakter, weil man diese anonyme Öffentlichkeit nicht auf die beiden anderen Öffentlichkeiten übertragen kann.
Nur weil mich fünf Jahre lang im Zug nie jemand auf meine Nylons angesprochen hat, bedeutet doch nicht, dass es in der Schule nicht binnen Stunden DAS Thema wäre, wenn ich dort in Shorts und Nylons zum Unterricht erscheinen würde.
Nur weil mich bei meinem Wochenendausflug nach Stuttgart niemand auf meine Nylons angesprochen hat, die ich offen und unübersehbar in der Fussgängerzone trug, bedeutet doch noch nicht, dass es meine Nachbarn, Vereinskollegen und Familienmitglieder ebenso kalt lassen würde.
Ich finde deshalb, man kann nicht einfach nur von Nylons in der Öffentlichkeit sprechen, sondern muss das schon differenzieren.
Der eine hat eine Arbeitsstelle, an der er ohne negative Folgen fürchten zu müssen Nylons tragen kann - er schätze sich glücklich! Der andere hat diesen Arbeitsplatz eben nicht und muss sich entsprechend einschränken.
Manche haben sehr tolerante Freunde, Familien und Nachbarn, die solche Leidenschaften tolerieren udn akzeptieren - Glück gehabt.
Wer ein solches Umfeld nicht hat, kann nun schlecht die Familie verstoßen und umziehen, nur um seine Vorliebe auszuleben...und mancher, der sie ausleben könnte, will das vielleicht gar nicht.
Deshalb kann man den Umgang mit dem "Fetisch", der "Vorliebe" oder dem "Drang" Nylons zu Tragen, je nachdem, wie man die eigene Veranlagung bewertet, nicht über einen Kamm scheren. Von daher finde ich die immer wieder kehrenden Appelle "Doch einfach Strumpfhosen offen zu tragen" wenig hilfreich, so gut sie vielleicht auch gemeint sein mögen.
Noch ein letzter Gedanke zum Ausgangsbeitrag:
Die Sehnsucht, so gesehen zu werden, wie man eigentlich ist und trotzdem akzeptiert zu werden, steckt vermutlich hinter der "Fussakrobatik", mit der man gelegentlich versucht, auf die eigene Vorliebe aufmerksam zu machen. Man empfindet in der Akzeptanz der Anderen ein Stück Normalität für das, was man selbst - trotz aller gegenteiligen Beteurungen - irgendwie doch nicht als normal empfindet.