Ich verstehe den Aufruf nicht, warum Leute sich dank des Mundschutzes sich nun endlich trauen sollen, ihre Feinstrumpfwaren der Öffentlichkeit vorzuführen.
Erkennen mich durch den Mundschutz meine Nachbarn oder Arbeitskollegen nicht mehr, so dass dadurch vor Tratsch und Mobbing geschützt bin? Was ist aber, wenn die Maskenpflicht vorbei ist und ich in den Tratsch mit eingebunden werden, neulich während der Pandemie schlich hier ein fremder Mann in einer Damenstrumpfhosen durch die Gegend, hast Du den auch gesehen?
Kann ich nun ohne Herzklopfen meinen Eltern/Kindern gegenübertreten, da sie mich nun nicht erkennen? Verändert der Mundschutz meine Stimme so, dass ich dadurch nicht mehr erkannt werde und somit auch nicht in Erklärungsnot komme?
Aber ich verstehe diese ganzen Aufrufe mit „traut Euch" nicht? Was will der Schreiber damit bezwecken?
- Damit er nicht alleine dasteht, wenn er zur Zielscheibe des Gespötts oder gar der Ausgrenzung wird?
- Handelt es sich aus einer Mischung aus Che Guevara und Jeanne d’Arc, die die unterdrückten Männer in das Paradies einer neuen Feinstrumpfwarenwelt führen möchte?
- Braucht das jemand zur eigenen Selbstbestätigung, damit die große Schar der Angsthasen hier bewundernd zu ihm aufblickt, weil sie sich eh nicht trauen?
Eins ist aber für mich sicher:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass durch diese Aufrufe auch nur ein Mann sich nun endlich erstmalig „getraut" hat sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Auch ich kann hier schreiben, gestern im Freibad habe ich mich endlich überwunden, einen Kopfsprung vom 10-Meter-Turm zu machen, war nichts dabei, also bin ich immer wieder gesprungen, es gab sogar Beifall von den Anwesenden, die meinen Mut und Überwindungskraft bewundert haben.
Also traut Euch!
Wenn ihr Euch dabei unwohl fühlt, dann setzt dabei eine Taucherbrille auf, dann wird es bei einem Bauchplatscher es nicht so peinlich.
Das ist schnell geschrieben und vor allem nicht nachprüfbar.
Es wird auch nicht glaubhafter, wenn ich mich auf einem einsamen Waldparkplatz in Badekleidung ohne Gesicht selber fotografiere und das Bild als Beleg meiner Heldentaten hier einstelle.
Aber ich glaube, kein Mann, der schon beim 3-Meter-Brett Hemmungen hat, wir nun den 10-Meter-Turm erobern und die eigenen Ängste unterdrücken.
Auch denke ich, dass keiner der "Mutmachern" hier bereit ist, einen Mann, der sich in Feinstrumpfhosen in der Öffentlichkeit gezeigt hat, tatkräftig, auch finanziell, zu unterstützen, wenn einer seiner "Follower" dadurch gesellschaftlichen, beruflichen und/oder familiären Schiffbruch erlitten hat.