Probleme psychischer Art mit verordneten Kompressionsstrumpfhosen

Ich glaube ganz einfach, der medizinische Hintergrund muss einfach reichen um deiner Umwelt zu sagen: he, seht her, ich kümmere mich um mich selbst. Denkt, was ihr wollt, für mich ist es wichtig und notwendig.
Der Schritt ist sicher nicht ganz leicht, aber du wirst sehen, weder deine Freunde noch deine sonstige Umwelt werden dich deshalb meiden oder dich gar auslachen.
Ich selbst bin letzes Wochenende zu Freunden gefahren: fast 700km im Auto. Da gibts einfach nix besseres gegen meine Ödeme in den Beinen als eine feste Strützstrumpfhose. Die sind zwar nicht vom Arzt verschrieben, dennoch weiß ich dass ich mir und meinen Beinen damit etwas Gutes tue. Logischerweise sehen dich viele Leute: an der Raststätte beim Tanken und später die Freunde bei der Ankunft.
Kurzer Blick - keine Reaktion - weiter geht's. Und wenn wirklich mal Fragen auftauchen, hast du doch die beste Erklärung parat.

Guckst du hier
Hier findest du auch eine große Community erfahrener Leute, mit denen man sich austauschen kann, oder einfach mal Bilder angucken kann.

Aber ok, ich habe auch schon diverse Erfahrungen mit dem Tragen von Strumpfhosen und Shorts in freier Wildbahn.
Zuerst kommst du dir vor wie ein Alien. Du denkst dass alle nur blöd hinter dir hergucken und tuscheln. Die Wahrnehmung gibt sich aber mit der Zeit. Auch wenn die immer noch tuscheln - mit der Zeit interessiert es dich nicht mehr. Und das Gute ist: dein Selbstbewustsein bekommt einen guten Schub positive Energie.

Fang mal klein an: nicht gleich der Opern- oder Konzertbesuch sondern bei Treffen mit den engsten Freunden. Zieh dir was sportliches an, eine sportliche Shorts und Strumpfhose drunter. Sportschuhe oder Chucks. Also das typische Skater Outfit.
Sprich das Thema offen und proaktiv an und höre dir ihre Meinungen an. Du wirst sehen, viele sind einfach bei dem Thema neutral. Mein Kumpel sagt immer "Mit Strumpfhosen kann ich absolut nix anfangen, aber toll wie du damit umgehst."

Und wenn du sogar von deiner Frau supportet wirst, ist das doch die halbe Miete. Oft denken die Herdentiere: "ok, seine Frau findet's gut, also ist nix Schlimmes dran".

Na dann, viel Spaß! Fang an, sonst ist der Sommer vorbei bevor du deine Erfolgserlebnisse hast...;)
 
Eine "Stützstrumpfhose" hat da eher den Placebo-Effekt. Es sollten schon angemessene Kompressionsstrumpfhosen sein. Allerdings ist man da schnell bei 140,--€
 
Hallo zusammen

Als erstes mal vielen Dank für eure Ratschläge. Wobei ich bei der Instagramseite von Tights definitiv raus bin. Da geht es um Dinge mit denen ich nichts anfangen kann. Da geht es mir wesentlich zu viel in den Bereich Fetisch. Aber wie gesagt. Jeder wie er will und jeder wie er kann.

Das ganze aus rein medizinisch/gesundheitlicher Sicht zu sehen wird wohl ein Ziel sein, das ich anstreben werde. So kann ich das positive aus der ganzen Sache ziehen. Anders wird das niemals funktionieren. Vielleicht hilft der Gedanke, die Kompression zu wollen, weil sie mir gut tut. Weil sie mir hilft. Den Gedanken, dass ich die Strumpfhose tragen muß mit dem Gedanken sie tragen zu wollen austauschen. So macht das logischen Sinn. Erklärbar. Zu begreifen.

Das müssen an dem ich jetzt noch hänge macht das ganze auf breiter Linie negativ im Kopf. Wenn ich das weg bekomme, stehe ich an einer ganz anderen Stelle mit dem Thema.

Dann mein Spaziergang. Ich bin heute Morgen um kurz vor 9 los. Erst mit dem Auto etwa 20 Kilometer in ein schönes Tal gefahren, durch das ein kleiner Bach fließt an dem ein schöner Weg verläuft. Ich hatte eine lange Hose an für die Fahrt, habe mich aber vor Ort umgezogen und eben eine kurze Hose angezogen. Die hat kurz über dem Knie geendet. Da stand ich nun im Schutz von meinem Auto und hab mich erst mal keinen Schritt weg getraut. Ich habe mir das aber vorgenommen.... Das dann aber umzusetzen war dann allerdings extrem.

Irgendwann kam ein Auto und ich habe mich in meinem Auto versteckt. Der ist aber dann recht schnell wieder weggefahren und ich habe mich durchgerungen los zu gehen. Unglaublich wie oft man seinen Kopf in alle Richtungen dreht weil man sich grundsätzlich beobachtet vorkommt. Die ersten 10 Minuten waren ok. Kein Mensch in Sicht. Dann kam von hinten ein Jogger, der mich recht schnell eingeholt hatte. Gefühlt hat er mich angestarrt. Genau genommen hat er mich aber gar nicht beachtet.

Nicht lange später kam mir ein älteres Paar mit Hund entgegen. Ich wollte nur schnell an ihnen vorbei. Nur der Hund hat mich dann beschnuppert. Und dann kam der Satz, "der macht nix". Und schon war ein kurzes Gespräch da. "Ich habe keine Angst vor Hunden" war meine Antwort. Die Frau meinte, dass es schon Hunde gibt bei denen man aufpassen muss. Noch ein paar Worte hin und her und gut. Kurze Blicke zu meinen Beinen habe ich bemerkt. Aber sonst auch nichts. Kein Ton darüber...

Nicht lange später eine junge Mutter mit einem Jungen etwa 6 oder 7 Jahre alt und einem Kinderwagen. Wieder Blicke, ich habe gegrüßt wie man es eben auf dem Land macht. Kein einiziger Blick mehr, kein Wort, sie ist dann schnell an mir vorbei und war weg. Ihre Gedanken hätten mich schon interessiert.

Auf em Rückweg eine Gruppe mit 5 älteren Walkern. Kurz gegrüßt, weiter. Und am Ende nur ein paar Meter vom Parkplatz entfernt 2 recht alte Leute. Die Frau mit einer Krücke. Ich glaube sie war die einzige, die sofort erkannt hat was los ist. Nach dem üblichen Gruß hat sie gemeint dass sie die Dinger seit mindestens 15 Jahren hasst, aber dass es nicht anders geht. Da kam dann eine kurze Unterhaltung auf bei der sich auch der Mann mit eingebracht hat. Er muß seiner Frau die Strümpfe immer anziehen weil sie da selber nicht mehr rein kommt. Irgendwann war ich dann wieder beim Auto. Lange Hose anziehen, einkaufen und gut.

Ein erster Schritt ist gemacht. Meine Angst ist definitiv nicht weg. Aber ich nehme mir vor den Spaziergang noch öfters so zu wiederholen. Mich daran zu gewöhnen. Sicherer und weniger nervös zu werden. Ehrlich gesagt hat es sich am Anfang wie die Hölle angefühlt. Aber....

Gruß Robert
 
Lob mich mal nicht zu früh. Das nächste mal steh ich da und trau mich nicht...

ich bin da noch lange nicht durch, das "realistisch" verinnerlichen zu können.

Ein kleiner Anfang und ein paar vielleicht hilfreiche Gedanken war das. Mehr nicht.
 
Auch von mir eine Gratulation. Ich habe meine erste Kompri auch aus dem Fachhandel (Sanitätshaus). Aber mir wurden sofort hautfarben Kompris empfohlen.

Versuche es immer öfter mit dem Spaziergang. Lass Dich davon nicht abbringen und gib nicht auf. Du wirst sehen, es interessiert fast niemanden.
 
Hallo PureMatt70

Ich glaube nicht dass die Dame im Sanitätshaus gemeint hat als sie mir unauffällige Farben empfohlen hat, dass ich in kurzen Hosen rumrenne. Ich glaube ihr war eher wichtig daß die Strumpfhose nicht zwischen langer Hose und Schuh als solche erkannt wird. :)
 
Ich denke ich verstehe, wie Transparenti das meint. Der Grund warum ich die Kompression tragen muss ist beschissen. Die Begründung mit der ich das rechtfertigen könnte wäre eine bessere, als wenn ich zugeben müsste dass es ein Fetisch ist. Ein guter Grund, an dem sich keiner stören könnte. (sollte...)
 
Da hast du recht. Bei Krankheiten würde ich für mich trotzdem nicht von gut oder besser sprechen. Immerhin tut ein Fetisch nicht weh. Ausser man steht darauf, verprügelt zu werden.
 
Zitat:
"Unglaublich wie oft man seinen Kopf in alle Richtungen dreht weil man sich grundsätzlich beobachtet vorkommt."

Du hast deine ersten Schritte gemacht. Es hat sich nicht gut angefühlt, aber ich gehe mal davon aus, daß deine Befürchtungen ausgeblieben sind.
Es hat sich sogar ein Gespräch ergeben. Kann man sagen: läuft !

Im Laufe der Zeit geht die Aufregung weg; eine Normalität stellt sich langsam ein. Und irgendwann schaust du dich nicht mehr um, ob da jemand schaut, oder dich beobachtet. Alles gut, stetig weitermachen. Kopfsache - aber es braucht seine Zeit. Respekt.
 
Guten Morgen

Ich habe da gestern etwas geschrieben, was mich heute morgen selber etwas erstaunt hat.

"Ein guter Grund, an dem sich keiner stören könnte."

Ich weiß jetzt nicht. Habe ich da schon etwas verinnerlicht? Der Satz sagt ja eigentlich alles.

Wenn ich es jetzt schaffe, daß ich mir keine Gedanken darüber mache wenn jemand glotzt und mich gelassen und vielleicht sogar etwas selbstbewusst mit denen unterhalte, die mich ansprechen, dann denke ich habe ich einen ganz großen Teil von dem Problem im Kopf zur Seite geschoben.

Hmmmm. Die Krankheit die mich dazu zwingt Kompression zu tragen ist jetzt allerdings nicht das, was man in einem Dorf mit knapp 2000 Einwohnern an die große Glocke hängt. Viele wissen dass ich krank bin. Fast keiner weiß wieso. Und schon gar keiner was das dann mit sich bringt. Vielleicht die, die selber mal mit Krebs zu kämpfen hatten und das Pech hatten mit einem erhöten Tromboserisiko belastet zu sein. Das sind ja auch unter denen die die Chemotherapie durchmachen vermutlich die wenigsten.

Vielleicht sollte ich schon mit meiner Krankheit (die ich ja momentan bis auf die Nachsorge positiv überstanden habe) wesentlich offener umgehen. Auch damit dass ich mich an unumgängliche Folgen und Regeln zu halten habe. Eben auch die Kompression. Zumal ich diese laut meinem Arzt mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit eh nicht mehr los werde.

Die engsten Bekannten wissen zwar von Krebs und der momentanen Chemo. Auch von anderen "kleineren" Nebenwirkungen die ich habe. Aber bisher weiß außer meiner Frau und meinen Kindern niemand von der Kompression.

Ich mache nichts falsches. Ich mache nichts verbotenes. Und ich mache schon gar nichts verwerfliches oder anstößiges. Ich mache das was es braucht, um so gut wie möglich durch die nächsten 5 Monate zu kommen, ohne mir noch mehr Probleme einzuhandeln.

Meilensteine. Der größte und wichtigste ist das Ende der Chemo. Und dann geht es weiter. Egal wie...

Ich werde mir vornehmen, zumindest mal bei meinen Bekannten das Thema Kompressionsstrumpfhosen offen anzusprechen. Bei 3 gehe ich von sehr großem Verständnis aus. Eigentlich ja bei allen. Eigentlich bei jedem.... Ich werde aber erst mal bei den 3 beginnen. Mit denen treffe ich mich seit 30 Jahren jede Woche auf ein Bier. Jetzt auch noch. Nur eben bei mir ohne Bier und mehr als maximal 2 Stunden am Abend sind auch nicht mehr drin. Am Abend bin ich einfach in der Regel viel zu platt, lange sitzen zu bleiben.

Morgen Abend ist wieder so ein Abend. Ich werde mir vornehmen, mein Problem anzusprechen. Ob ich es schaffe, weiß ich nicht....

Drückt mir die Daumen.

Ich glaube, ich bin auf einem guten Weg. Auch durch einige die ich hier getroffen habe. Vielen Vielen Dank

Gruß Robert.
 
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Meine gedrückten Daumen sind Dir gewiss! Und sicher bin ich, auch ohne Deine Bekannten zu kennen, dass Du bei ihnen auf das erhoffte Verständnis stoßen wirst.
 
Dein Fred hier ist schon fast tragisch da die meisten Menschen lustvoll FSH tragen und sich eher verstecken. Du hast einen handfesten Grund FSH in Form von Kompri's zu tragen und hast ähnliche Probleme wie alle anderen ebenfalls.

Dennoch kann ich Dich sehr gut verstehen da ich aus orthopädischen Gründen keine normale Hosen mehr tragen und seit ca. 2 Jahren auf Röcke, Culotte oder Marlene Hosen ausweichen muss.
 
Hallo Gotti

Oje. Das hört sich auch nicht wirklich gut an. Wie muss ich das verstehen? Du kommst nicht mehr in normale Hosen rein? Hast du Wasser in den Beinen? Seit 2 Jahren. Da gehe ich leider davon aus, dass sich das wohl auch nicht mehr bessern wird. Bei mir besteht zumindest noch eine kleine Change.

Dass ich das gleiche Problem wie viele andere hier habe, denk ich nicht. Wenn jemand Strumpfhosen trägt weil er sie gerne trägt oder das ganze schon ein Fetisch ist dann ist das etwas ganz anderes. Er kann sie verstecken wenn er sich nicht traut, sie zu zeigen. Das kann ich auch. Und genau genommen mache ich das ja auch. Wenn es dann doch mal soweit ist, sich zeigen zu müssen (Artztbesuch oder was auch sonst) dann kann derjenige einfach mal keine anziehen. Könnte ich zwar auch, aber bei mir besteht eben eine gesundheitliche Gefahr. Bei mir ist es also etwas ganz anderes. Wobei der Besuch beim Hausarzt und auch der 3-wöchige Besuch in der Onkologie da kein Problem ist, da mir der Hausarzt ja die Kompression verordnet hat und die Ärzte in der Onkologie Bescheid wissen. Demnächst muss ich zum Hautarzt weil ich extrem trockene Haut und auch Ausschlag bekomme durch die Kompression. Auch da habe ich kein Problem. Weil es da ja definitiv genau um das Thema Kompressionsstrumpfhose dreht.

Und dann kommt noch dazu, dass vielleicht der eine oder andere zwar seine Strumpfhose gerne trägt, sie auch gerne zeigen würde. Sich aber nicht traut. Zumindest da stellt sich unser Problem als ähnlich dar. Wobei von zeigen wollen bei mir ja eigentlich keine Rede sein kann. Nur ist das ganze mit langen Hosen manchmal fast nicht auszuhalten.

Dir Gotti wünsche ich gute Besserung und vielleicht das Glück einen Arzt zu finden, der dir bei deinem Problem helfen kann.

Gruß Robert
 
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