Hallo Morx,
wenn ich Deine Bewertung dieser Situation lese, dann stellt sich mir die Frage, welches Selbstverständnis Du hast als Mann, der Strumpfhosen anzieht. Offensichtlich kein besonders positives, denn Du gehst davon aus, dass Du einen anderen Menschen nicht einfach ohne Vorwarnung damit konfrontieren darfst, was Du an Beinkleidern trägst. Dein Gegenüber muss also die Chance haben, rechtzeitig die Entscheidung treffen zu können, ob sie/er einer Begegnung mit Dir ausweicht, weil Du eine Sorte Strümpfe trägst, die sie/er nicht standardmässig erwarten würde. Korrigier mich gerne, wenn ich das falsch verstanden habe, aber das sind für mich die logischen Schlüsse aus dem von Dir geschriebenen.
Ich habe ein anderes Selbstverständnis. Ich gehe davon aus, dass ein Mann jedes Recht hat, Feinstrümpfe anzuziehen. Ich gehe davon aus, dass er sich damit auch nicht verstecken muss. Insofern sehe ich auch keinerlei Grund, mich wie in einem Minenfeld zu benehmen und höllisch darauf zu achten, welchen Schritt ich wohin mache, nur weil ich keine Männersocken angezogen habe.
Es geht schliesslich nur um die Sorte Strümpfe, die man trägt. Das ist nichts anstössiges !
Spinnen wir Deine Gedankengänge einmal weiter. Letztendlich müßte ich diese Rücksichtsnahme und eine bestehende Wahlmöglichkeit, einem Mann wir mir auszuweichen, ja überall anwenden. Denn jeder Mensch hat ja dasselbe Schutzbedürfnis wie eine Verkäuferin in einem Schuhladen. Wie verhalte ich mich also ? Wie kann ich andere Menschen vorwarnen, dass sie einem Menschen wie mir, der Feinstrümpfe anzieht, begegnen ? Soll ich mir ein Schild umhängen "Vorsicht, ich trage Feinstrümpfe ! Wenn Sie soetwas abstösst, weichen Sie mir bitte aus" ? Ja, das ist Polemik. Aber eine konsequente.
Nehmen wir ganz reale Situationen. Ich gehe fast jeden Dienstag zu einem Kirchenprojekt unserer Gemeinde. Dort trifft man sich abends und diskutiert über die verschiedensten Glaubensthemen. Im Schnitt sind dort 90 % Frauen. Ich habe nun die Wahl, ziehe ich "normale" Socken an, um diese Menschen dort nicht zu schockieren oder ziehe ich die Strümpfe an, die ich eben gerade tragen will. Die Leute dort haben wie die Verkäuferin kaum eine Ausweichchance. Sie könnten zwar theoretisch gehen, aber wer würde sich vor den Augen des Pfarrers die Blöße geben und gehen, weil ein Mann die "falschen" Strümpfe trägt ? De fakto können sie nicht entkommen. Würde ich nun dieselbe Rücksicht nehmen wie Du - und andere hier - einforderst, dann müßte ich darauf verzichten, an solchen Abenden Feinstrümpfe zu tragen.
Wo endet das Ganze denn nun ? Ziehe ich diese Rücksichtsmaßnahmen konsequent durch, dann gibt es nur einen Ort, an dem ich das anziehen darf, was ich will. Bei mir zuhause. Bei jedem Schritt, den ich feinbestrumpft vor die Tür mache, besteht die Gefahr der Entdeckung. Jemand schaut mir zufällig auf die Füsse beim Gehen. Ich schlage im Sitzen die Füße übereinander und jemand kann sehen, was ich für Strümpfe trage. Ich gehe Schuhe kaufen und man sieht meine feinbestrumpften Füsse. Wo fängt die Rücksichtsnahme an und wo hört sie auf ?
Ich habe mich mit ca 25 Jahren entschlossen, jegliche Heimlichkeit in Bezug auf Feinstrümpfe aufzugeben. Ich habe diese Art Strümpfe in meinen Alltag integriert und trage sie genauso selbstverständlich wie nach wie vor auch Socken. Das bedeutet auch, dass ich beim Schuhkauf evtl. Feinstrümpfe anhabe, wenn mir an dem Tag danach ist, welche anzuziehen. Und wenn ich eine Hose kaufe und mir an dem Tag danach war, eine Strumpfhose zu tragen, dann tu ich das. Und wenn ich im Winter zum Arzt muß, dann verzichte ich nicht auf eine Strumpfhose und friere, nur weil ein Arzt oder eine Arzthelferin schockiert sein könnte. Ich pflege einen ganz normalen Umgang mit Feinstrümpfen. Und genau deswegen habe ich in den allermeisten Fällen, in denen dann mal jemanden etwas aufgefallen ist, positive Reaktionen bekommen. So übrings auch in der Kirchengemeinde bei den Treffen. Gerade weil es bei mir wie das selbstverständlichste überhaupt aussieht, wenn ich solche Strümpfe trage, haben die Leute positiv reagiert.
Übertriebene Rücksichtsnahmen halte ich für völlig übertrieben, denn es geht hier um etwas völlig harmloses. Es mag ungewöhnlich sein, aber eben harmlos.
Im übrigen wirst Du es nicht erleben, dass umgekehrt eine Frau Dir gegenüber so rücksichtsvoll sein wird, wenn sie etwas anzieht, was nicht standardmässig von Frauen getragen wird. Frauen haben nicht gefragt, ob sie Hosen tragen dürfen. Frauen haben nicht gefragt, ob sie Krawatten tragen dürfen. Warum auch ? Sie tun es einfach, weil sie ein gesundes Selbstbewußtsein und Selbstverständnis haben. Und was tun Männer ? Sie fragen sich, ob sie das dürfen, diskutieren über Vorsichtsmaßnahmen und versuchen, möglichst vorsichtig und rücksichtsvoll zu sein. Na bravo, quo vadis Mann ?
Gruß
Moreau
P.S.
Wer beim Tragen von FSH anderen seine sexuellen Phantasien und Erregungszustände aufdrängt, der erweist den tollen Feinstrumpfhosen und denen, die sie gerne und unverkrampft tragen, sicherlich einen Bärendienst!
Nochmal zur Erinnerung, der Threadersteller schrieb weder etwas von sexuellen Phantasien noch etwas von Erregungszuständen !!! Lest doch mal das, was da steht und dichtet nicht etwas dazu, was da nicht steht !