Themenbezogene Buchempfehlungen in einem Fred?

Gotti, du siehst mich ratlos. Ob etwas stimmt oder nicht, ist doch den Populisten egal.
Das ist mir im Zweifeksfalks egal. Mir geht um eBooks (analoge Medien kaufe ich grundsätzlich nicht mehr) und die schnelle Verfügbarkeit.
 
... und Umweltschutzgründen ausschließlich eBooks kaufe. ....
Es wundert mich immer wieder, warum man denkt das virtuelle Produkte keine Umweltkosten haben.

Naja, wie auch immer.
Bisher findet dein Vorschlag keine große Ressonanz.
Geschweige den das bisher außer deinen drei Büchern irgendwelche andere gepostet wurden.
Mal ein paar Tage abwarten ob und was da noch kommt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da ich gelegentlich Bücher mehrfach lese um dabei ggf. einen Abgleich zwischen meinem damaligen und meinem heutigen Denken/Handeln zu machen, möchte ich aus diesem Grund das Buch

Die Frau in mir

erwähnen. In diesem Buch geht es, vereinfacht ausgedrückt um einen Mann der sich nicht als CD,TV,TS sieht, aber dennoch große Lust hat in die Rolle des anderen Geschlechts zu schlüpfen. Bis hierher ist das auch mit meiner Einstellung identisch, auch wenn es mich vor 35 Jahren sehr viel Zeit gekostet hat, genau heraus zu finden was ich wil oder auch nicht.

So interessant das Buch insgesamt ist, so finde ich eine Textpassage extrem interessant:

Hierbei fiel mir auf, wie absurd das Phänomen der Normalität eigentlich war. Sie speiste sich aus der Gewohnheit und definierte sich rein subjektiv. Ihre Grenzen verschoben sich x-beliebig mit der Häufigkeit, der Qualität und der Intensität des Erlebten. Egal, was ich machte – wenn ich es oft machte, wurde es normal. Normalität bekam dadurch etwas Irrelevantes für mich. Auch die Normalität ist, ähnlich wie die Peinlichkeit, möglicherweise gar kein klar umrissener, kein wirklich existierender Zustand. Sie ist etwas Virtuelles, das sich abhängig von ziemlich banalen Einflussfaktoren (Quantität, Gewohnheit, Bekanntheit …) laufend neu in unseren Köpfen (ein-)bildet. Außerdem neigt die Normalität zum Starrsein. Die Normalität ist das eigentliche Extrem. Hält man einmal etwas für normal, verfestigt sich sofort die Auffassung, dass das jetzt der alleinige Maßstab der Dinge ist. Man tendiert aus dieser Haltung leichter dazu, Menschen zu kritisieren, die nicht innerhalb des selbst festgelegten (oder von der Gesellschaft auferlegten) Normalitätsradius leben. Das hat fast etwas Totalitäres. Es fehlt der Normalität an Lebendigkeit. Weil sie alles ausgrenzt, was nicht zu ihr gehört. Somit wäre sie die Quelle der Diskriminierung.
(aus dem Buch "Die Frau in mir" von Christian Seidel Seite 222)

Unser @AJR den ich mittlerweile sehr schätze, auch wenn ich mit ihm nicht immer einer Meinung bin, hat ja mal u.a. bezüglich meiner Person den Aussage gebracht "ich scheiß mir nix". Ungeachtet dessen wie man zu der Formulierung steht, so kann ich diese Aussage soweit teilen - auch wenn ich nicht der Meinung bin das ich deswegen ein Alpha Tier bin.

Dennoch ist der Punkt ein ganz anderer. Nicht zuletzt aufgrund meiner besonderen körperlichen Merkmale die mir der liebe Herrgott bei meiner Geburt mitgegeben hat, habe ich schon von Kindheit an extrem große Schwierigkeiten mit 2 Aussagen gehabt:

"Das tut man nicht" oder "das ist nicht normal"

Auch wenn ich nach medizischen Massstäben nicht ganz normal sein könnte, so wollte ich schon in frühester Jugend nicht mehr normal sein. Normal zu sein heisst für mich in eine Schablone reinzupassen - etwas was ich seit allen Ewigkeiten strikt ablehne - auch sehr zur Freude meiner Eltern. Als Mensch kann ich kaum definieren was Normal in der Gesellschaft ist oder nicht. Ich kann mir aber sehr wohl die Freiheit nehmen das zu ignorieren was die Gesellschaft als normal ansieht und das zu machen was mir wichtig ist.

Sicher ist das ein Weg wo ich mir das Leben manches Mal etwas schwer gemacht habe, aber ist MEIN WEG den ich gegangen bin und nicht den, den wer auch immer für gut befunden hat. Insoweit kann ich die Aussage von AJR voll unterschreiben, das ich mir seine Aussage, wenn auch mit etwas anderer Formulierung schon immer zu eigen gemacht habe.

Ganz los gelöst von meiner Person halte ich das Buch für sehr lesenswert - geht es doch auch um die Frage wie der Autor mit seinem Frauseinwollen in seiner eigenen Beziehung zu seiner Frau umgeht. Und das ohne sich selbst in eine der gängigen Schubladen DWT,TV,CD oder TS pressen zu lassen. Interessant ist dabei auch was er über seine Gespräche mit einem Endokrinologen und Frauenarzt u.a. schreibt. Besonders empfehlen möchte ich dieses Buch für Alle, die in ihrer Entwicklung noch nicht so weit sind in DW, FSH oder gar deutlich mehr das Haus zu verlassen. Man(n) bekommt jede Menge neue Sichtweisen vermittelt.
 
Das mag aus Sicht des Individuums so sein, aber Normen, also in Summe die Normalität strukturiert das Zusammenleben einer Gesellschaft, wobei die Normen einem ständigen Wandel unterworfen sind und in jeder Gesellschaft andere Ausprägungen erfahren. Der Einzelne wird angehalten, sich an Normen zu orientieren, um mögliche gesellschaftliche Konflikte hintanzuhalten. Natürlich wirken die Normen dann einschränkend auf die persönlichen Freiheiten, aber die Vorstellung, dass jeder macht, was er will, ohne Rücksicht auf andere, sich also nix scheißt, treibt mir den kalten Schweiß auf die Stirne.

Aus meiner Sicht sind Haltung, Empathie und Anstand mit dem Libertarismus nicht vereinbar.
 
Unter dem Strich bleibt eben nur die Frage wie weit sich der Mensch von der sogenannten Normalität einschränken lässt oder eben auch nicht.

Für mich persönlich ist so ziemlich ALLES vorstellbar was mich NICHT in den Knast bringt. Was Nachbarn dann denken oder auch nicht kann ich ohnedies nicht beeinflussen. Insoweit halte ein einen gesunden Egoismus für eine sehr gute Voraussetzung für ein gutes Leben.
 
Haltung, Empathie und Anstand haben halt nicht alle.
Was man so oder so sehen kann. Leben und Leben lassen oder jedem das ......... - nein nicht das böse Wort - jedem das was ihm wichtig ist.
 
Mir ist auch spontan in den Sinn gekommen, dass es (mindestens) zwei Kategorien von "gestalteter Normalität" geben müsste: zum einen die eigene, aus persönlichen Gewohnheiten gewachsene (wenn ich 2 Jahre lang das Müsli mit Hafermilch esse, dann ist es für mich normal geworden, und vielleicht finde ich diejenigen, die noch auf Kuhmilchprodukte zurückgreifen, irgendwie krass - obwohl ich früher selber fast 50 Jahre lang mit Kuhmilch unterwegs gewesen bin). Zum anderen der von der Gesellschaft auferlegte Maßstab, den ein Individuum, das nicht Popstar oder Influencer ist, kaum ändern kann (Männer tragen keine Strumpfhosen, basta, und wenn es doch einer macht, dann fällt er mal mindestens sehr deutlich aus dem Rahmen).

Dass wir uns an gesellschaftlichen Normen orientieren, ist wohl etwas archaisches. Es geht letztendlich um das soziale Überleben, das vor einigen Jahrtausenden auch Grundlage für das rein physische Überleben war. Vermutlich gibt es unterschiedliche Wege, auf denen man zu dem Punkt gelangt, an dem man sich von diesen Ur-Ängsten befreit hat. Sprich: verinnerlicht hat, dass diese über Jahrzehntausende bis in die Gene eintrainierten Muster in unserer heutigen Gesellschaft keine absolute Gültigkeit mehr haben. Sprich: ich kann mich sozial ins Abseits stellen und dennoch einen gefüllten Kühlschrank haben, und eine Sippe oder einen Stamm, von dem ich im Überleben abhängig wäre, gibt es nicht.

Die Frage, ob das "soziale Überleben" essentiell ist oder nicht, hängt dann vielleicht an anderen Faktoren. Wer seinen Selbstwert hauptsächlich daraus schöpft, dass er von seinen Mitmenschen in einer bestätigenden Weise gespiegelt wird, wird auch bei prall gefülltem Kühlschrank alles daran setzen, dass er nicht zu sehr aus den gesellschaftlichen Normen herausbricht. Wer seinen Selbstwert zu 95% aus sich selbst heraus kreiert, hat da vielleicht eine andere Perspektive.

Ich schreibe hier gerade munter drauflos und merke, es ist ein großes und komplexes Thema. Im Grunde müsste ich jetzt wieder alles löschen, weil ich merke, dass ich nur halbgares Stückwerk verzapfe. Aber vielleicht ist ja auch ein Impuls mit drin für irgendwen.

Danke für den Buchauszug, sehr interessant klingt das auf jeden Fall.
 
P.s.: es gibt auch ein Gefühl, das uns warnt, wenn wir dabei sind, unser soziales Überleben zu riskieren: das ist die Scham. Die Scham ist ein extrem heftiges Gefühl. Das zeigt, wie extrem wichtig das soziale Überleben in der Geschichte der Menschheit geworden ist.

Warum laufen viele von uns nicht mit sichtbarer Strumpfhose draußen rum? Einer der Hauptgründe dürfte die Scham sein. Sie warnt uns vor der sehr reellen Gefahr, dass wir sozial ins Abseits geraten könnten.
 
Dann bleibt die Frage wie berechtigt ein Schamgefühl ist und ob man an dessen Überwindung ggf. arbeiten sollte.
 
Dann bleibt die Frage wie berechtigt ein Schamgefühl ist und ob man an dessen Überwindung ggf. arbeiten sollte.
Top-Frage, finde ich, ich hirne da auch dran rum.

Berechtigt ist das Schamgefühl vermutlich in manchen Situationen, plausibel auch. Wichtig könnte sein, dass man sich selber fragt, ob es neben "berechtigt" und "plausibel" in einer Situation auch hilfreich ist.

Zum Vergleich die Sache mit der Angst: ich stehe auf dem Fünfer und habe eine unglaubliche Angst davor, runterzuspringen. Die Angst ist berechtigt und plausibel, weil es nicht in der Natur des Menschen liegt, in einen Abgrund zu springen. Die Angst warnt ganz berechtigt vor potentieller Gefahr für Leib und Leben. Wenn ich mich jetzt aber entscheide, dass die Angst in diesem speziellen Fall nicht hilfreich ist, weil es objektiv betrachtet keine wesentliche Gefahr gibt (da unten ist ja weder Erde noch Fels, sondern Wasser!), dann kann ich mich vielleicht darüber hinweg setzen und springen. Wenn ich das oft genug wiederhole und keine negative Erfahrung mache, dann kann es sein, dass nach langer Zeit die Angst vor dieser speziellen Art von Sprung wegtrainiert wird.

(Wobei ggf. auch 20mal noch nicht ausreicht - ich hab selbst nach 30 Sprüngen vom Dreier in der letzten Zeit noch immer tierisch Angst, wenn ich oben bin, und das alberne midlife-crisis-inspirierte Projekt "ich werde auf meine alten Tage doch noch ein selbstbewusster Dreier-Springer!" hab ich mittlerweile abgebrochen.)

Zur Scham: ich stehe in ner Umkleide in Rock und Strumpfhose, und es ist die Scham, die mich davon abhält, nun da herauszutreten und mich den Leuten zu zeigen. Die Scham ist berechtigt und plausibel, weil es nicht in er Natur des Menschen liegt, gegen die Normen zu handeln, die die Sozialisation vorgibt. Die Scham warnt ganz berechtigt vor der Gefahr, sozial ins Abseits zu geraten. Wenn ich mich jetzt aber entscheide, dass die Scham in diesem speziellen Fall nicht hilfreich ist, zum Beispiel weil ich gar nicht so sehr von der wohlwollenden Bewertung der Menschen um mich herum abhängig bin, wie mein Unterbewusstes mir suggeriert, dann kann ich mich vielleicht darüber hinweg setzen und mich der Öffentlichkeit preis geben. Wenn ich das oft genug wiederhole und keine negative Erfahrung mache, dann kann es sein, dass nach langer Zeit die Scham, die dieses spezielle Setting auszulösen in der Lage ist, wegtrainiert wird.

Das wäre vielleicht ein möglicher Weg, wie man diese "Überwindung" hinbekommen könnte, von der Du sprichst.

Ich hab jetzt lange überlegt, wann ein Schamgefühl berechtigt sein könnte (also im Sinne von "angemessen") und wann nicht. Sehr schwierig. Irgendwie komme ich am Ende immer auf die Frage, ob es auf der Welt so etwas wie ethische Grundsätze gibt, die absolute Gültigkeit haben. Wenn es diese nicht gibt, dann kann es so etwas wie "objektiv betrachtet angemessen" oder "objektiv betrachtet nicht angemessen" wohl nicht geben, und es liegt alleine im Auge eines Betrachters, der die Tat an seinen eigenen Werten und Grundsätzen misst und entscheidet, ob Scham an dieser Stelle nun angemessen ist oder nicht.

Eine Frau klaut einer 90jährigen Oma die Rente aus dem Geldbeutel im Rollator. Später schämt sie sich für ihre Tat. Ist es fair zu sagen, dass in diesem Fall ethische Grundsätze verletzt worden sind und dass die Scham plausibel ist und auch berechtigt im Sinne von "angemessen", und vielleicht auch hilfreich, weil sie helfen kann, zukünftiges Verhalten in andere Bahnen zu lenken?

Ein Mann rennt draußen mit Shorts und Strumpfhosen rum, dabei empfindet er plötzlich Scham, die daher rührt, dass er das, was er tut, mehr am Wertesystem anderer misst als an seinem eigenen. Das eigene Wertesystem sagt: das ist in Ordnung! Objektiv betrachtet verletzen Tat und Wertesystem keine ethischen Grundsätze (verflixte Sache mit der Objektivität!). Geschädigt werden kann nur der Mann selbst durch sein eigenes Tun (soziales Abseits). Ist seine Scham nun "berechtigt" (im Sinne von "angemessen") oder nicht? Verrückterweise scheint mir das am Ende eine Frage der Entscheidung zu sein, die der Mann selbst treffen muss. Entscheidet er sich in voller Integrität, dass das Ausleben seiner Vorliebe ihm wichtiger ist als die Bewertung seiner Mitmenschen, so folgt für mich daraus, dass seine Scham zwar plausibel ist, dass sie aber nicht berechtigt ist und auch nicht hilfreich. Geht seine Entscheidung aber in die andere Richtung - sprich: es ist de facto so, dass dem Mann mehr Leid als gutes erwächst aus dem, was er tut -, so ist die Scham plausibel, berechtigt und vielleicht sogar hilfreich, weil sie ihn vor zukünftigem Unheil bewahren kann.

Der gleiche Mann begleitet in Shorts und Strumpfhosen einen von ihm abhängigen Schutzbefohlenen in der Öffentlichkeit. Dieser Schutzbefohlene wird in der Folge aufgrund des Aussehens seines Begleiters gemobbt und verprügelt. Der Mann hätte vorhersehen können, dass so etwas nicht unwahrscheinlich ist. Er schämt sich nun für seinen Aufzug in dieser speziellen Situation. Sein eigenes Wertesystem sagt immer noch: es ist in Ordnung, als Mann solche Kleidung zu tragen! Es wäre wohl schwierig zu sagen, dass ethische Grundsätze verletzt worden sind (denn wenn jemand diese Grundsätze verletzt hat, dann sind es die anderen beteiligten, von denen das Mobbing ausging). Die Scham ist plausibel. Ist sie auch berechtigt und hilfreich? Knifflige Aufgabe, die knacke ich heute nicht mehr.

So viel für den Moment. Ihr merkt schon, mich hat das Thema gepackt. Ich hoffe, dass ich keinen Stuss getippt habe. Bitte stoppt mich, wenn es zu wild oder abstrus wird. Gute Nacht.
 
Dann ist da aber ja auch noch die Frage, welchen Nutzen hat das Überwinden von Angst oder Scham für mich?
 
Wie wäre es mit Freiheit? Nicht jede Angst oder Scham ist sachlich begründet weil man sich manchmal Dinge schlimmer vorstellt als sie tatsächlich sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Scham ist berechtigt und plausibel, weil es nicht in er Natur des Menschen liegt, gegen die Normen zu handeln, die die Sozialisation vorgibt.
Hat Scham nicht immer auch etwas mit Angst zu tun, resp. ist es hier wirklich Scham oder doch Angst. Wer weiss denn vorher, wie die anderen hinter der Tür reagieren.
Meiner Meinung nach schämt man sich für etwas, das man nicht hinbekommt, obwohl es hätte gelingen müssen. Beispiel: Kopfrechnen vor der ganzen Klasse in der Schule. In Rock und Strumpfhosen schämt man sich eher nicht. Man kann selbstbestimmt von der Entscheidung, durch die Tür zu gehen, zurücktreten. Das kann man in der Schule nicht. Dort kann man sich blamieren und kann das nicht selbst steuern.
Aber vielleicht liege ich auch ganz falsch.
 
Für mich ist es auch nicht zu 100% klar.

Angst ist das Gefühl, das sagt: "ich bin in Gefahr". Scham ist das Gefühl, das sagt: "ich bin falsch". (Also nicht: ich hab was falsch gemacht, sondern ich  bin falsch, im Extremfall: ich bin verachtenswürdig).

Wer ein solides Ego hat und vor der Klasse das Kopfrechnen versemmelt, wird sich dafür nicht schämen. Er wird sich vielleicht über seinen Fehler ärgern, sich aber nicht selbst in Frage stellen; vielleicht zieht er sich mit nem coolen Spruch aus der Affäre. Andere werden dagegen denken: "ich bin einfach zu blöd". Das ist dann der Boden, auf dem das Schamgefühl wächst.

Ich hab mal auf einer Fahrradausfahrt mit Bekannten kurz vor Ende der Runde einen Mitfahrer vom Rad geholt, weil ich unbedingt als erster ankommen wollte (obwohl es gar kein Wettbewerb war) und ihn in ner Kurve geschnitten habe. Der wusste überhaupt nicht, wie ihm geschah, er war einfach nur perplex, und sein teures Rennrad, noch dazu ein Oldtimer, für den es kaum mehr passende Ersatzteile gibt, war ziemlich lädiert. Ich habe mich so sehr geschämt, es gibt keine Worte dafür. Was für mich dahinter steckte, war: "ich bin falsch". Genauer: wie abartig muss man sein, dass man so ehrgeizig ist, dass man sogar bei einer Freizeitrunde unvermittelt das Messer zwischen die Zähne nimmt und einen wirklich albernen Unfall provoziert.

Rock und Strumpfhose: da kann ich auch nur für mich sprechen. Ich hatte vor einiger Zeit hier von einem Selbstversuch berichtet. Ich wusste schon vorab: ja, ich werde mich schämen, aber ich wage es trotzdem, um zu schauen, ob die Scham mit der Zeit weniger wird und irgendein Hochgefühl dafür mehr. So nach dem Motto: die Bilanz ist am Ende vielleicht knapp positiv, und damit lohnt sich die Sache. War jetzt nicht ganz so.

Also, es ist, denk ich, schon eine Option, sich für eine Situation zu entscheiden, in der ein gewisses Level an "sich schämen" vorprogrammiert ist. Weil man sich eben zusätzlich einem anderen Effekt erhofft, der das doofe Gefühl mindestens aufwiegt. Analog zur Angst auf dem Fünfer: ich weiß, ich werde Angst haben, aber vielleicht lohnt es sich trotzdem wegen des Kicks oder wegen der Freude darüber, es am Ende aller Widrigkeiten zum Trotz geschafft zu haben.
 
Zurück
Oben