Ich mag Strumpfhosen. Bei mir geht es aber eher um das Wohlfühlen als das Zeigen in diesen Strümpfen. Trotzdem bin ich mir bewusst darüber, dass ich sicherlich kein appetitanregender Anblick sein würde, wenn ich in der Öffentlichkeit zb in Shorts und Strumpfhosen herumlaufen würde. Ich kritisiere auch nicht die Gesellschaft ob ihrer vorhandenen Akzeptanz oder Nichtakzeptanz von Männern in Strumpfhosen.
Ehrlich gesagt, es schert mich auch nicht sonderlich, ob andere das nun schön finden oder nicht. Auch juckt es mich nicht, wenn sie hinter meinem Rücken tuscheln oder wenn jemand meint, das wäre unmännlich.
Um das mal auf einen anderen Level zu heben. Die Fragen sind doch: Wer bestimmt meinen Wert? Wer entscheidet, ob ich ein nützliches Mitglied der Gesellschaft bin? Wer entscheidet, ob ich gut oder nicht gut gekleidet bin? Versuche ich, mein Leben nach meinen Vorstellungen - soweit das möglich ist - zu leben oder entscheide ich mich, lieber angepasst und fremdbestimmt zu leben, um ja nicht anzuecken?
Ich kenne viele Menschen, die viele Dinge, die sie gerne tun würden, nicht tun, weil sie Angst haben, dass sie dadurch in einem schlechten Licht stehen. Sie wählen lieber den Verzicht und die Angst davor, sie selbst zu sein, weil es heute mehr denn je ein Wagnis ist, sich angreifbar zu machen. Ich frage mich oft, wie man da noch bei sich selbst bleiben und sich nicht verlieren soll.
Ganz nüchtern betrachtet: Wenn ein Mann Strumpfhosen anzieht, dann ist das nichts schlimmes. Es gibt kein Gesetz dagegen. Sieht es geschmackvoll aus? Geschmack ist so verschieden, dass man immer einen findet, dem es nicht gefällt. Als kann man auch drauf pfeifen. Ist es männlich, wenn ein Mann Strumpfhosen trägt? Wer den Begriff der Männlichkeit an soetwas festmacht, dem ist eh nicht zu helfen. Denn solche Menschen haben einiges grundsätzliches nicht kapiert.
Mag ich also als Mann Strumpfhosen und habe ich den Wunsch, nicht fremdbestimmt zu leben, stelle ich fest, dass jedes Gegenargument gegen meinen Faible nichts als heisse Luft und Missgunst ist, dann bleibt am Ende nur die Erkenntnis, dass nichts dagegen spricht, sich zu outen als strumpfhosentragender Mann.
Die Wahrheit, so wie ich sie erlebt habe, ist doch, dass sich kaum einer darum schert, dass ich Strumpfhosen trage. Mit 8 Jahren habe ich angefangen, Feinstrumpfhosen anzuziehen. Es folgten 20 Jahre Heimlichkeit und inneres Leid diesbzgl. . Dann kam das Outing und ich stand verdutzt da, als ich feststellte, dass keiner entsetzt war. Keiner meinte, ich sei doch verrückt oder pervers. Keiner versuchte, mir das auszureden. Keiner meinte, das sei unmännlich. Es hiess nur: Hey, Du bleibst weiter Du, egal, ob Du Strumpfhosen anziehst.
Ich habe im Laufe meines Lebens kapiert, dass ich meinen Wert am Ende nur selbst bestimme. Selbstverständlich kann ich mich nicht völlig davon freimachen, dass mich das Denken von anderen berührt. Aber das bedeutet nicht, dass ich mein Handeln danach ausrichte.
Ich habe nicht das Bedürfnis, in der Öffentlichkeit mit Shorts und Strumpfhosen rumzulaufen. Ich trage sie unter einer normalen Hose und man sieht es nur an den Füssen, welche Strümpfe ich anhabe. Lediglich zuhause ist das mal anders, aber das ist mein Reich und da nehme ich auf niemanden Rücksicht. Dort haben mich auch schon Freunde und Bekannte so gesehen. Gestört hat es niemanden.
Ich kaufe Strumpfhosen mit der gleichen Selbstverständlichkeit ein wie Herrensocken. Bis auf eine ältere Frau in einem Kaufhaus in Düsseldorf, die sichtlich irrtiert war, habe ich bzgl. der Verkäuferinnen durchgehend gute Erfahrungen gemacht.
Wenn andere Menschen bemerken, was ich für Strümpfe anziehe, dann stehe ich dazu und ich rechtfertige mich nie. Ich habe schon oft von anderen gehört, dass allein die Selbstverständlichkeit, mit der ich diese Strümpfe trage und wie ich dazu stehe, dazu führt, dass sie es akzeptieren.
Finde ich mich schön in Strumpfhosen? Nein, aber das ist mir auch egal. Ich mag es, wie sich das anfühlt und das ist allein entscheidend. Wen es stören sollte, der kann wegschauen. Wer mich nicht mag, weil ich so bin wie ich bin, der soll sich eben von mir fernhalten.
Zitat Rosenstolz: "Ich bin jetzt! Ich bin hier! ich bin ich! Das allein ist meine Schuld!" Mehr gibt es nicht zu sagen.