Hallo allerseits,
also ich bin da etwas unschlüssig. Denn einerseits ist "Jedem das Seine" negativ besetzt, aber der KDF Wagen heißt noch immer so, also scheint "Kraft durch Freude" ja in Ordnung zu sein, obwohl es zeitlich gesehen in der Bedeutung den gleichen Ursprung hat.
Nun ist die Frage: Wenn vor langer Zeit etwas eine andere Bedeutung als heute hat, wie schlimm ist die Verwendung, wenn eindeutig eine andere als die damalige Bedeutung zugrunde liegt?
Beispiel: Eine mehr oder minder gängige Begrüßung ist "Huhu". Das war mal eine Bezeichnung für die Vagina. Soll ich also jedem auf diese Begrüßung erboßt antworten: "Hast du mich gerade F*tze genannt?!" Ich denke nicht.
Oder das in diesem Sommer oft vorherrschende "Bombenwetter" diese Bezeichnung für klare Luft und große Sichtweite kommt aus dem 2. Weltkrieg, weil solche Wetterlagen eben gut geeignet waren, um Bomben in ihr Ziel zu bringen beim Abwurf. Heute bezeichnet man damit einfach einen schönen sonnigen Tag.
Dazu kommt noch, dass sich bei der Hysterie um politische Korrektheit und dem Zwang, bloß niemandem zu nahe zu treten, eine Stimmung gebildet hat, in der viele einfach garnichts sagen, um niemanden auch nur ansatzweise zu beleidigen. Und bei den zahlreichen teils sehr rabiat vorgehenden Randgruppen ist das sogar nachvollziehbar. Es gab da einen Fall, wo sich ein Mann einer Frau mit Namen vorstellte, worauf diese völlig eskalierte. Der Herr heißt Hugh Mungus. Wer sich dafür interessiert, findet auf Youtube die Videos. Spoiler: Sie fliegt am Ende raus und er wundert sich wohl heute noch.
Oder der Irrsinn, gewisse Kennzeichen an Fahrzeugen nicht zuzulassen. Mein Nachbar hat die Initialen H. J. Das ging nicht als Kennzeichen. Ebenso NS, 88 und Co. Allerdings sehe ich immer mehr Fahrzeuge, die HH-HH XXXX als Kennzeichen haben. Entweder ist es mittlerweile entschärft worden, oder (so hoffe ich) Die Bedeutung der Hansestadt Hamburg überwiegt mittlerweile deutlich den speziellen Gruß.
Und außerdem gibt es ja Menschen, deren Hobby es ist, alles grundsätzlich falsch zu verstehen. Einige machen es aus mangelndem Intellekt, andere aus der sich bietenden Gelegenheit, Spaß an der Verwirrung zu haben.
Zum Schluss noch ein anderes Beispiel: Wie stehen wir denn zu "Arbeit macht frei"? Sicher genau die gleiche Kategorie wie das unsägliche (weil inflationär und meist falsch verwendete) "Jedem das seine".
Aber: Wenn ich den ganzen Tag lang intensiv gearbeitet habe, danach dann zu Hause bin, mich frisch gemacht und gut gegessen habe, fühle ich mich tatsächlich frei, weil der Tag produktiv, ergiebig und idealerweise auch schön war. Ebenso diese Erleichterung, wenn ich womöglich lange aufgeschobene Aufgaben endlich erledigt habe. Aus dieser Stimmung entwickeln sich dann teilweise interessante Gedanken, die nur mit einem mehr oder minder freien Geist zustande kommen.
Also empfinde ich den Satz als solches in der Situation als sehr zutreffend, wenn man ihn ohne Vorbelastung betrachtet. Dennoch verwende ich ihn nicht. Ist das jetzt richtig so, und wenn ja, ist es richtig aus den richtigen Motiven?
Gruß
nemesis_atf