Hallo Tanja, hallo Maik
auch ich will euch dazu schreiben, weil meine Frau und ich vor vielen Jahren und über viele Jahre hinweg den selben Konflikt hatten. Ich will euch die Geschichte davon erzählen, in der Hoffnung das ihr darin eine Unterstützung für euch findet.
Als meine Frau und ich uns vor mehr als 18 Jahren kennenlernten, (ich war da gerade frisch geschieden) konfrontierte ich sie relativ früh mit meinem Hang zum Crossdressing und zur Travestie und der Konflikt zeichnete sich in etwas so:
Sie wollte mich als Mann - vor allem im Bett - ohne weibliche Kleidung oder sonstigen weiblichen Attribute wie z.B. Plastikbrüste oder vertauschte Rollen oder sowas. Außerdem hatte sie den Wunsch das ich in der Öffentlichkeit nur in Ausnahmesituationen in weiblicher Kleidung rumlaufe, zu schwer wäre es für sie gewesen dies nach außen hin mitzutragen, diese kulturelle Auseinandersetzung zu führen. Ihre Fragen waren: Wieweit geht das? Wo fürht das hin? meint er mich als Frau oder nur seinen Fetisch? was bin ich ihm eigentlich? usw. Ähnliche Fragen wie du Tanja sie sicher auch kennst.
Und ich war klar, dass ich meine Neigung zur Travestie nicht mehr wie früher unterdrücken, verschweigen, therapieren usw. möchte, sondern mich dazu bekennen und Formen zu finden es in meinen Alltag und mein Leben zu integrieren.
Meine Frage waren oft ambivalenter:
Wie will ich sein? Warum darf ich nicht so sein? Darf ich mich ausprobieren? Werde ich so angenommen und geliebt? Wie weit will ich selber gehen? Warum werde ich nicht so geliebt, wie ich bin? wie kann ich mit meiner Neigung gut umgehen? Wer oder was bin ich?
Damals gab es noch kein solches Forum wie hier oder Kosmetikstudios für TV, wo ich mich mal hätte ausprobieren können (Oder wenn, dann wusste ich nichts davon) und ein teil von mir hätte gern eine frau gehabt, die mich da am arm genommen hätte und unterstützt hätte.
meine Frau blieb sich selbst treu und hat ihre Grenze verteidigt. Im Bett wollte sie mich nackt und dabei blieb sie. Sich in anderer Form mit meiner Travestie zu beschäftigen wollte sie eher auch nicht oder tat es nicht, um die eigentliche Grenze vorauseilend zu verteidigen.
ich dachte damals oft, dass sie nur einen Teil von mir liebt und forderte Liebe auch für den anderen Teil ein. Mit solchen Forderungen erzeugt ich bei ihr aber eher Verzweiflung und sich-unverstanden-fühlen, so wie Tanja dies auch für sich beschrieben hat.
Meinen Hang zur Travestie lebte ich anfangs doch auch nur weiterhin mit mir alleine in meinem Zimmer aus, vor meinem Spiegel, aber da blieb es etwas Zwanghaftes und zu sehr auf sexuelle entladung Reduziertes. Ich fühlte mich damit nicht wohl, ich wollte damit mit anderen menschen in Kontakt sein.
Heimlich traf ich mich manchmal als "DWT" mit zumeist schwulen Männern, die ich über Kontaktanzeigen kennenlernte, doch gelang es mir nicht hier irgendeine wirkliche Beziehung zu beginnen, es bleib meist bei schäbigen, skurilen und merkwürdigen erotischen Abenteuern, so dass ich diese Versuche nach einigen Jahren gänzlich einstellte, weil ich erkannte, wie sehr ich bereit war, mich selbst zu verbiegen, meine grenzen zu überschreiten, mit mir unangenehme Dinge geschehn zu lassen, nur damit mein e Travestie bzw. mein Fetischismus Befriedigung, Sinn und Anerkennung von außen findet.
Nach ca 6 Jahren Partnerschaft (eine in vielen Dingen sehr schöne Partnerschaft, die aber an dieser Stelle einen ständig schwehlenden Konfliktherd hatte), unsere erste Tochter war schon geboren, lernte ich eine andere Frau, nennen wir sie Olga kennen, die auf meinen Hang zur Travestie ganz anders reagierte. Sie fand dies eher reizvoll, gerade auch im bett, ging mit mir so ins bett, zusammen einkaufen, beriet mich usw.
Dies war die größte Herausforderung in der Beziehung zu meiner Frau (ich schreibe immer meine Frau, obwohl wir nicht verheiratet sind). Meine Frau und ich waren in dieser Zeit an vielen Stellen bereits fern voneinander, sozusagen halb getrennt, aber wohnten noch unter einen Dach, kümmerten uns gemeinsam um unsere erste Tochter, hatten zueinander immer wieder mal Gesprächs- und auch erotischen Kontakt, wußten in etwa wo jeweils der andere gerade war, so wußte ich von ihren Liebhaber(n) und sie von Olga. (Es ist uns auch gelungen in dieser Phase liebend und loslassend aufeinander zu schauen)
Meine damalige Entscheidung für meine Frau und gegen Olga (und auch gegen eine offene Zweierbeziehung) war ein langer Prozess in welchem ich viel Unterstützung von meinen Freunden und meine Frau von ihren Freunden bekam (jeder von uns baute sein eigenes soziales Netzwerk auf. Wir waren voneinander unabhängig.)
Sicher mit Olga hätte ich wirklich viel ausprobieren und erleben können, was ich in dieser Form wahrscheinlich nie mehr in meinem Leben so erfahren werde (mich als TV / Crossdresser... auszuprobieren und dabei von einer Frau liebend und unterstützend begleitet zu werden) Aber deshalb eine gute und zum Teil auch sehr glückliche Partnerschaft zu beenden? Wer sagte mir den, dass ich nicht mit der nächsten Frau, auch mit Olga irgendwann auf ähnliche oder andere Konfiktherde stossen würde, vielleicht an einer anderen Grenze? Und dann noch meine Tochter? Was ist mit ihr? Sollte das meine zweite Scheidung / Trennung sein? Aber andererseits fühlte ich mich von meiner Frau immer noch nur zum Teil geliebt?
Schließlich entschied ich mich auf Grund einer Begebenheit, die manche jetzt vielleicht völlig daneben finden:
Ich mochte den Körpergeruch und Körpergeschmack meiner Frau, besonders den an ihren intimsten Stellen einfach viel lieber als den von Olga.
(heute denke ich, dass ich Olga nie wirklich geliebt habe, aber bereit wäre ihr entgegenzugehen, viel für sie zu tun, mich aufzuopfern, meine eigenen Grenzen weit zu überschreiten, nur weil sie mich als Crossdresser mochte und anerkannte.)
Nein ich wollte vor dem Konflikt nicht mehr davonlaufen, sondern ihn führen, Formen finden in welchem eine schöne Partnerschaft mit meiner Frau möglich ist, ihre Grenzen und meine Bedürfnisse akzeptiert bleiben und meine Bedürfnisse ihren Platz finden können. Dazu gehörte für mich auch die Wahrung der neu gewonnenen sozialen Unabhängigkeit ihr gegenüber.
Was ich dann alles mit meinem Crossdressen mit Unterstützung von vielen Freunden ausprobiert habe, beschrieb ich bereits an einer anderen Stelle hier im Forum. Etnscheidend war, das ich für die Erfüllung alle meine Wünsche und Bedüfnisse mich selber verantwortlich machte und hier nichts mehr von meiner Frau verlangte. Ich bemutterte oder bevaterte mich sozusagen selbst. Manchmal halfen mir Freunde, an der ein oder anderen Stelle auch eine mir befreundete Liebesarbeiterin. Das führte im Laufe der Zeit zu einem immer entspannteren Umgang meinerseit mit den ganzen Thema. Mein Verlangen wurde nicht immer heftiger, sondern nahm durch das Ausprobieren ab bzw. transformierte sich in andere Themen. Frauenkleidung zu tragen war kein Zwang mehr sondern eine zusätzliche Möglichkeit.
(vielleicht ist das bei dir Maik ganz anders, aber wie kannst du es herausfinden ohne dich auszuprobieren?)
Das ganze Thema Mannsein oder Frausein oder was-auch-immer-sein (metro, Androgyn, TV, CD, ...) wurde immer weniger wichtig für mich, je runder und umfassender ich mich selbst weiterentwickelte. Z.b. die Angst nicht geliebt zu sein (oder nur teilweise) wurde ich schließlich irgendwann endgültig los und in diesen Prozess spielte es weder für mich noch für meine Mitmenschen eine Rolle ob ich einen Rock anhatte oder Hosen.
... fortsetzung nächster beitrag (der text hat zu viele zeichen)